Matthias Reim gehört seit vielen Jahrzehnten zur Elite der handgemachten deutschen Musik. Vor kurzem veröffentlichte er sein musikalisches Meisterwerk Meteor. Grund genug bei Matze einfach mal nachzufragen.

 

Michi: Matze, ich möchte mit Dir heute auf 60 gelebte und über 25 musikalische Jahre zurückblicken. Wir fangen 1990 an, da habe ich wie Du in Göttingen gelebt und die Tochter von meinem Sportlehrer hat damals bei Deiner Single „Verdammt ich lieb Dich“ mitgesungen. Voller Stolz hat er damals an jeden Schüler aus unserer Klasse eine Single verschenkt, ihm hast Du damals also mindestens 30 verkaufte Singles zu verdanken.

Matze: Das ist ja mal geil, das ist ja witzig. Die Christiane ist damals einer meiner Chorsängerinnen gewesen und singt heute sogar noch bei Roland Kaiser.

Michi: Ist der Song „Verdammt ich lieb` Dich“ Segen oder Fluch für Dich?

Matze: Heute, 28 Jahre später, kann ich sagen, das war der größte Segen meines Lebens. Die schönste Zugabe, die ein Musiker, der immer noch große Touren und Open-Airs spielt, haben kann. Es ist ein so generationsverbindender Song, der am Ende die Menschen noch einmal so zusammenbringt, dass es wirklich ein massiver Segen ist. Man sollte Songs, die Menschen mal glücklich gemacht haben, niemals aus dem Programm nehmen, wenn man weitermacht, denn die Menschen kommen ja auch wegen der Erinnerung, die sie haben.

Michi: Nach „Verdammt ich lieb` Dich“ ging es damals steil bergauf, ich kenne noch die Bravos von damals, die ich als Kind gekauft habe. Konntest Du Dich auf diesen ganz schnellen Erfolg vorbereiten oder bist Du einfach ins kalte Wasser gesprungen?

Matze: Ich bin damals nicht gesprungen, ich bin gestoßen wurden. Das ging alles so schnell. Ich war davor schon Musiker und Produzent, habe also in dieser Branche bereits gearbeitet und wusste, dass ein Bravo-Hype maximal zwei Jahre anhält und danach bist Du durch. Wenn Dein Teenie-Publikum wegbricht, wird jeder Musiker in ein Loch fallen, aus dem muss man erst mal wieder rauskommen, das ist das schwerste überhaupt.

Michi: Du hast damals sogar Bravo-Ottos bekommen…

Matze: Ja einen goldenen und einen bronzenen, die habe ich heute noch und sie stehen bei mir im Studio und ich schaue immer wieder mit einem Lächeln darauf, das ist schon witzig.

Man hat mir das Geld sowas von massiv abgenommen, was mich heute nicht mehr ärgert…

Michi: Wir springen ein bisschen durch die Jahrzehnte. Du hast turbulente und intensive Zeiten erlebt und manchmal habe ich mich selber gefragt, wie Du das mit solch einer Bravour gemeistert hast, wo andere schon längst aufgegeben hätten. Aus heutiger Sicht, auf was hättest Du in all diesen Jahrzehnten am ehesten verzichten können und wie hast Du es immer wieder geschafft, wie ein Phoenix aus der Asche aufzusteigen?

Matze: Am allermeisten hätte ich darauf verzichten können, mich über den Tisch ziehen zu lassen. Das war unerfahren, ich war harmoniesüchtig. Man hat mir das Geld sowas von massiv abgenommen, was mich heute nicht mehr ärgert, sondern worüber ich heute einfach nur noch schmunzle und den Kopf schüttle „Mein Gott warst Du blöd!“, aber es hat mir natürlich auch zu etwas verholfen, was eben auch nicht selbstverständlich war. Dadurch, dass das alles weg war, musste ich das tun, oder aus dem, was ich konnte, etwas machen, um mir mein Leben zurückzuholen. Letztendlich haben mir diese Desaster die Karriere von heute ermöglicht, unter Druck war ich immer am besten und ich hatte massiven Druck.

Michi: 2010 sind Dir sicherlich Steine vom Herzen gefallen, denn da ging es ja wieder so richtig los.

Matze: Eigentlich ging es schon 2004/2005 wieder so langsam los, dass meine Konzerte voller wurden, auch meine CDs hatten alle wieder Gold-Status und dann wurde es stabil. Für diese Stabilität bin ich heute am dankbarsten.

Michi: Ein Riesensprung, fast sind wir auch schon im Jahr 2018 angekommen. Vorher möchte ich mit Dir noch über die Liebe sprechen. Seit einigen Jahren bist Du mit der bezaubernden Christin zusammen. Meine beste Freundin Kate war bis vor kurzem noch mit Nino de Angelo zusammen, die beiden haben einen ähnlichen Altersunterschied wie ihr. Leider war bei den beiden nach ein paar Monaten alles schon wieder vorbei, wie haltet ihr eure Liebe frisch, wie bewahrt ihr sie euch, was ist Euer Geheimrezept?

Matze: Ich glaube, es gibt kein Geheimrezept, entweder es passt oder es passt nicht und wir sind im April fünf Jahre zusammen, fünf Jahre sind schon massiv, da weißt Du, was Du willst, was Du tust und was passt. Ich kann nur sagen, es gibt kein Geheimrezept. Es gibt einfach zwei Menschen, die zusammenpassen, wo so viel Gefühl dabei ist, dass man den Weg gemeinsam gehen und sich gemeinsam entwickeln will, und das tun Christin und ich einfach großartig – auch heute noch, wir sind einfach unzertrennlich. Total schräg, aber sehr, sehr schön.

Michi: Christin ist allerdings auch Deine größte Kritikerin…

Matze: Ja, weil sie auch immer in der ersten Stunde der Songs dabei ist. Wir wohnen zusammen, wir haben beide unsere Studios im Haus und natürlich rufe ich hin und wieder mal durch den Hausflur runter „Komm mal her, hör mal!“. Und wenn sie dann sagt „Das geht gar nicht, du bist ja völlig aus dem Groove!“, dann darf sie das auch.

Was mich erfolgreich gemacht hat sind die Balladen…

Michi: Wir sind angekommen im Jahr 2018, vor kurzem ist Dein Album „Meteor“ erschienen. Du hast schon gesagt, Du hast Dir für dieses Album ein bisschen Zeit gelassen. Wie wichtig ist Dir heute das Luxusgut Zeit, was bedeutet Sie für Dich?

Matze: Zeit ist im Moment das Allerwichtigste, da hab` ich nicht viel davon. Aber es gibt Dinge, für die ich mir einfach Zeit nehmen muss –  ich möchte nicht jedes Jahr einfach ein Album rausdonnern nach dem Motto „150.000 da draußen kaufen das eh und ich kassiere die Kohle.“, weil irgendwann machen die Fans es nicht mehr. Du musst für das Geld, was die Fans für ein Album bezahlen, das Gefühl vermitteln, das sie etwas Wertvolles bekommen. Gerade ich habe ganz tolle Fans, en ganz tolles Publikum, die wirklich mitgehen und denen kann man nicht irgendeinen Schrott vor die Nase setzen. Du musst Dich weiterentwickeln und immer noch Matthias bleiben, Reim bleiben. Und das kostet einfach Zeit, da musst Du gut überlegen, was mache ich, wie mache ich, auf was freut man sich und was wollen sie noch. „Himmel voller Geigen“ oder „Meteor“ sind die Songs, zu denen gerne gefeiert wird. Aber was mich erfolgreich gemacht hat, sind die Balladen, auf die sich die Menschen am meisten freuen. Die Songs, die sie für sich rausrücken können und sagen „Das ist mein Lied!“, das hat er für mich geschrieben und dafür muss man sich wirklich Zeit nehmen, konzentrieren und immer wieder hinterfragen, bin ich auf dem richtigen oder falschen Weg.

Michi: Wenn Du Dein Album mit drei Adjektiven beschreiben müsstest, welche sind das?

Matze: Gelebt, handgespielt, abwechslungsreich.

Michi: Die meisten Künstler sagen bei einem neuen Album gewisse Standardfloskeln, bezeichnen ihre Platte als „das persönlichste/beste/reifste Album“. Was ist für Dich das ganz Besondere an „Meteor“?

Matze: Für mich persönlich, dass es mir gelungen ist, so bunt zu werden, die Vielseitigkeit daran hat mir großen Spaß gemacht. Da sind Songs, die Tom Petty Gitarrenriffs haben bei „Gib mir noch eine letzte Chance“. Da sind fast schon James Bond Filmriffs drin bei „Erzähl mir nichts von Liebe“ und der stille Song, ich liebe den Song „Niemals zu müde“, der dieses Tourleben beschreibt. Der Titel beschreibt auf den Punkt, wie man empfindet, was man empfindet, wie platt man ist und wie man den Schalter umlegt, wenn man auf die Bühne geht und mit den Menschen feiert. Da wirst Du wach. Und im Anschluss wieder in irgendeinem Hotel zu sein und gegen die Wand zu starren, weil Du ja nicht feiern gehen kannst, denn am nächsten Tag geht‘s weiter. Im Album sind so viele musikalische Aspekte vereint, kein Song ist wie der andere. Das macht mich aus und das erwarte ich von mir.

Michi: In einer iTunes Bewertung zu Deinem Album hat eine Userin geschrieben „geil, immer wieder geil“. Die Userin ist 23. Ich durfte bereits letztes Jahr Dein Konzert in Dresden anschauen und war erstaunt, dass dort alle Generationen vertreten waren und jeder konnte wirklich jede einzelne Silbe Deiner Songs mitsingen.

Matze: Ich bin sehr stolz darauf, dass wirklich Menschen zwischen 15 und 75 zu den Konzerten kommen. Dass es so bunt gemischt ist, das kann doch nur heißen, dass ich ganz nah dran bin und in meinen Konzerten ist die Frage „Wie alt bist du denn?“ überhaupt kein Thema.

Michi: Welche Songs von „Meteor“ denkst Du werden live so richtig krachen?

Matze: Ich glaube, wir hatten noch niemals so viele neue Songs auf einer Tour. Ich habe mal durchgeschaut, wir spielen acht neue Songs, was gar nicht so einfach ist, denn ich muss ja auch meine anderen Hits spielen, die wollen die Leute auch hören. Die neuen Songs geben dem Konzert eine ganz andere Dramaturgie und darauf freue ich mich ganz besonders. „Gib mir noch eine letzte Chance“ oder „Ich werde niemals tun“ gehören live einfach auf die Bühne. Ich bin sehr stolz auf die Bandbreite.

Michi: Dieses Jahr bist Du gleich dreimal in Dresden, am 31.08.18 wieder in der Jungen Garde. Was verbindest Du persönlich mit Dresden?

Matze: In Dresden bzw. in Sachsen fing meine Karriere wieder an. Das waren die ersten, die wieder bei meinen Konzerten waren und so sehr dranblieben. Das ist auch der Grund, warum wir fast alle Premieren in Dresden haben. Die Junge Garde und Dresden spielen eine Riesenrolle in meinem Leben. Ich freue mich immer, wenn ich einen Tag vorher in Dresden bin, da habe ich auch Freunde und ich gehe gerne in diese wiederaufgebaute Altstadt. Es ist unfassbar schön, eine geile Atmosphäre, Kaffee zu trinken, hochzuschauen und sich das auf der Zunge zergehen zu lassen und zu sagen: „Schau mal, was aus dieser Stadt geworden ist.“

Michi: Soll ich den sächsischen Fans noch etwas ausrichten?

Ja, mein Dankeschön, mein riesengroßes Dankeschön dafür, dass sie mir so sehr geholfen haben, auch in den schweren Zeiten.

Zum Meet & Greet Gewinnspiel gehts hier: https://bit.ly/2tGrCyV